Die Alte Schmelz im Heimatmuseum

Museum St. Ingbert
St. Ingbert
Tel.: 06894-13-358; -352; -519
Fax. 06894 / 13-530
Öffnungszeiten: Bis zur Wiedereröffnung geschlossen

Unter dem Titel „Kohle, Eisen, Glas“ gewährte eine heimatgeschichtliche Sonderschau seit Juni 1991 einen Blick auf die industrielle Vergangenheit der Stadt St. Ingbert. Kohle, Eisen und Glas bezeichnen hierbei die einst zentralen Wirtschaftszweige und Erwerbsquellen der Stadt, die zur Herausbildung einer eigenständigen Industriekultur in dieser Region geführt haben. In drei Räumen des Museums Sankt Ingbert dokumentierten handwerkliches Gerät, kunsthandwerkliche Erzeugnisse, Gemälde, Plastiken sowie Schriftstücke, Karten und Fotografien die Entwicklung der Industriestadt St. Ingbert und ihren Aufstieg zu einem der einst wichtigsten industriellen Zentren der ehemaligen bayerischen Pfalz.
„Flucht aus Ägypten“, Gussplatte aus dem St. Ingberter Eisenwerk

Die drei alten Hauptindustriezweige Kohle, Eisen, Glas werden in Themenblöcke dem Besucher nahegebracht. Im 1. Stock des Heimatmuseums wird ein Einblick in die Arbeitswelt des Bergmanns vor rund 150 Jahren gegeben. Im Mittelpunkt stehen hier zwei Schautafeln mit dem Gezähe, dem Arbeitsgerät der Bergleute. Drei große Bronzereliefs des Bildhauers Fritz Koelle (1895 – 1953) geben eine eindrucksvolle Darstellung über die Arbeit des saarländischen Bergmanns. Auch moderne Künstler wie der Saarbrücker Bildhauer Hans Schröder waren von der Arbeit des Bergmanns angetan, was sich in einer Bronzeskulptur, die zwei Bergleute unter Tage zeigt, niederschlägt. Neben dem Bildhauer Koelle war es der Maler Fritz Zolnhofer (1896 – 1965) der den saarländischen Bergmann in den Mittelpunkt seines Werkes stellte. Das ausgestellte großformatige Ölgemälde „Heimkehrende Bergleute“ von 1922 gibt davon Zeugnis. Historische Fotografien runden den Einblick über den Bergbau in St. Ingbert ab.

Ofen-Zierstück aus Gusseisen

Weiter führt der Weg in den Bereich der Glasindustrie. St. Ingbert zählte zum bedeutendsten Standort der Glasindustrie in Südwestdeutschland. Im Stadtgebiet sind im Laufe der Jahrhunderte 6 Glashütten nachweisbar. Einen schönen Einblick in das Schaffen gibt die in Schnappach gelegene Mariannentaler Glashütte, die hauptsächlich Kunstverglasungen und Glasmalerei vertrieb. Einige schöne handbemalte Glasbilder aus dem 19. Jahrhundert haben sich hier erhalten. Aus der Lautzentalglashütte existieren noch große Glaswalzen, aus denen Fensterscheiben hergestellt wurden. Die Aktienglashütte, die von der Bevölkerung liebvolle „Buddelhütte“ genannt wurde, war auf die Herstellung von Flaschen jeder Art spezialisiert. Original Glasbläserwerkzeuge zeugen noch heute davon, wie früher gearbeitet wurde.


Kanne aus Gußeisen

Im 2. Stock widmet sich ein ganzer Raum dem St. Ingberter Eisenwerk, der „Schmelz“ und seinen Besitzern, der Familie Kraemer. Im Mittelpunkt stehen hier die künstlerisch wertvollen Produkte des Eisenwerkes. Begonnen hatte das Werk 1733 mit der Produktion von eisernen Haushaltsgegenständen, aber im Laufe der Zeit wurden nach Entwürfen von Friedrich Dryander zahlreiche Vasen und Öfen hergestellt. Auch vom Hüttenarbeiter war Fritz Koelle angetan. Eines seiner letzten Werke ist die sehr ausdrucksstarke Bronzeplastik „Arbeiter mit Mütze“.
Über 150 Jahre wurde das Eisenwerk durch die Familie Kraemer geprägt. Ein Glanzstück biedermeierlicher Porträtkunst und zugleich Zeitdokument von lokalgeschichtlicher Bedeutung aus der Frühphase der Industrialisierung ist das Familienbildnis der St. Ingberter Unternehmerfamilie Philipp Heinrich Kraemer und seiner Frau Sophie mit ihren vier Kindern. Das Gemälde stammt von der Hand des mehrfach im Saarland tätigen rheinischen Biedermeierporträtisten Louis Krevel (1801 – 1876). Das Repräsentationsbild von 1837, das im landschaftlichen Hintergrund einen Teil der alten St. Ingberter Eisenhütte zeigt, belegt die hohe soziale Stellung der Unternehmerfamilie, die eine Schlüsselposition innerhalb der St. Ingberter Industriegeschichte einnahm.


Philipp Heinrich Kraemer II. (1789-1867) mit Familie, Gemälde von Louis Krevel, 1837
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St. Ingbert verdankt seinen Aufstieg vom einfachen Walddorf zur Industriestadt seinen zahlreichen Industriebetrieben und Unternehmern. Der 3. Stock erinnert an einige St. Ingberter Unternehmerfamilien. Auch hier nimmt natürlich die Familie Kraemer einen breiten Raum ein. Auffälligste Objekte, die jeden Besucher begeistern, sind zwei Schränke aus dem ehemaligen Schloss Elsterstein, dem Stammsitz der Kraemers. Einer, ein Hochzeitsgeschenk an Friedrich Kraemer von 1825, zählt zu den schönsten Stücken des Heimatmuseums. Handwerkliche Geschicklichkeit und künstlerisches Gestaltungsvermögen haben einen Schrank mit zahlreichen gusseisernen Figuren und schwungvollen Ornamenten hervorgebracht, der nicht nur heimatgeschichtlich Interessierte, sondern auch Kunstfreunde zu begeistern vermag. Auch der zweite Schrank, ganz aus Holz, ist mit den zahlreichen Verziehrungen eine Augenweide für jeden Besucher.
Neben der Familie Kraemer ist der Raum auch den verschiedensten Unternehmern aus der Familie Weigand gewidmet. Auch sie haben in St. Ingbert als Apotheker, Großhandelskaufleute und Kunstmäzene ihre Spuren hinterlassen. Der erste Weigand, der sich in St. Ingbert niederließ, kam zu Beginn einer großen und lange währenden Zeit des Aufstiegs und der Expansion der Stadt und ihrer Umgebung. August Joseph Weigand (1795 – 1859) eröffnete am 26. Mai 1826 die erste Apotheke St. Ingberts in dem Anwesen Kaiserstraße 136. Einrichtungsgegenstände und Ölporträts erinnern an den ersten Apotheker Weigand und seine Frau Anna Maria.
Auch die nächsten Generationen Otto Weigand und sein Sohn Ernst sind hier auf Ölbildern verewigt. Im Alter von 27 Jahren hatte Otto Weigand am 8. März 1866 in der Ludwigstraße 31 eine Eisenwarenhandlung eröffnete. Sein Sohn Ernst und dessen Schwiegersöhne, Franz Josef Kohl-Weigand und Fritz Saeftel bauten die Firma weiter zu einem leistungsstarken Unternehmen aus. In all den Jahrzehnten wurde Kohl-Weigand nicht nur durch die Leitung der Firma bekannt, er machte sich auch einen guten Namen als Kunstmäzen. Die Privatsammlung Kohl-Weigand umfasste hauptsächlich die Werke von Albert Weisgerber, Max Slevogt, Hans Purrmann und Fritz Koelle. Eine Bronzebüste von Prof. Theo Siegle im Heimatmuseum erinnert an diesen verdienten Kunstmäzen und Ehrenbürger Kohl-Weigand.

Weitere Auskünfte erteilt Stadtarchivar Dieter Wirth, Tel. 06894 / 13-204