Die Geschichte der Alten Schmelz anhand von Bildern und Plänen

Die Restaurierte Möllerhalle, das berühmteste Gebäude der Alten Schmelz

Über der Tür befindet sich die Jahreszahl 1750, wovon allgemein angenommen wird, dass in diesem Jahr das Gebäude errichtet wurde.
Diese Jahreszahl wurde allerdings erst im Laufe des 19. Jahrhunderts angebracht, wobei keine Kenntnisse über deren Bedeutung vorliegen. 1750 liegt mitten in der Zeit, als das Werk von der Witwe Katharina Loth von 1743 bis 1759 geführt wurde.

Da das Eisenwerk im Jahr 1733 seinen Betrieb aufnahm, hatte schon zu diesem Zeitpunkt hier ein Gebäude gestanden, in dem sich der Hochofen befand.

Mit der Zeit erhöhte sich die Produktion immer mehr, sodass um 1810 auch das Hochofengebäude deutlich vergrößert werden musste. Dieses wurde mit anspruchsvollen architektonischen Stilelementen versehen, wobei das heute noch vorhandene Nordteil, „Möllerhalle“ genannt, sogar ein Schiefertürmchen mit Uhr und Glocke erhielt. Diese Glocke diente aber allein dazu, die Arbeiter zu den Hochöfen zu rufen, sobald der nächste Abstich bevor stand.

Zurück zu den Anfängen

Das St. Ingberter Eisenwerk wurde 1732 erbaut und nahm 1733 den Betrieb auf, aber leider gibt es nur sehr wenige bildliche Darstellungen und Pläne aus der frühen Zeit. 

Ausschnitt einer geometrischen Karte von 1791

Die älteste noch erhaltene aussagefähige zeichnerische Darstellung des Werks ist eine geometrische Karte von 1791, also fast 60 Jahre später.

Auf diesem Ausschnitt aus dieser Karte verläuft von Ost (rechts) nach West (links) ein Weg, der später zur „Alleestraße“ wurde.

Auf der Südseite (unten) befinden sich von Ost nach West vier Funktionsgebäude, das erste unbezeichnet (1b) welches das kleine Hammerwerk enthiellt, es folgt „Gros Hammer“ (1a), „Schmelz (3)“ und „Form Haus (2)“, danach folgt ein Gebäude „Wohnung“ (5).

Zwischen den Gebäuden (1a) und (1b) sowie zwischen (1a) und (3) befinden sich die Wasserräder (7a) und (7b), die vom Wasser aus dem Teich gegenüber angetrieben wurden.

Auf der Nordseite (oben) sieht man, vom Osten kommend, einen als „Reserve und Canal“ bezeichneten Teich, darüber befinden sich die Kohlenscheuern (4a) und (4b).

Weiter westlich am Weg ist noch eine Stallung (6), darauf folgt eine Park- und Gartenanlage.

Das Gebäude „Schmelz“ (3) ist das eigentliche Hochofengebäude, mit einer sehr unregelmäßigen Grundfläche.

Ausschnitt des Ölbildes der Fam. Kraemer von J.F. Dryander, 1803/04

Das nächste Dokument ist ein um 1803/04 von Johann Friedrich Dryander gemaltes Ölbild, das die Familie Kraemer zeigt. Der Standort der Personengruppe muss etwa die mit X bezeichnete Stelle in obigen Plan an einer Baumgruppe neben dem Schmelzkanal (Teich) gewesen sein, mit Blickrichtung nach Westen. Unter dem Tisch hindurch ist noch ein Ausläufer dieses Teiches (T) zu sehen.

Links im Bild kann man drei Gebäude in einer Flucht erkennen. Das erste (3) scheint eingeschossig zu sein. Die aus dem Schornstein schlagenden Flammen und der Arbeiter, der eine beladene Karre durch das hohe Tor im Giebel schiebt, lassen vermuten, dass es sich um das Hochofengebäude handeln könnte.

Es erscheint jedoch als solches erstaunlich klein und stimmt mit seiner rechteckigen Bauform nicht mit dem als „Schmelz (3)“ bezeichnete Gebäude auf der „Geometrischen Carte“ von 1791 überein. Auch hat es mit der heutigen Möllerhalle keine Ähnlichkeit. Das „Gros Hammer“- Gebäude (1a) müsste sich links außerhalb des Bildes befinden.

An der Stelle, wo sich auf der geometrischen Karte von 1791 das „Form Haus“ (2) befand, steht nun ein zweigeschossiges Wohnhaus (2), wobei es sich um einen Umbau des früheren Formenhaus oder einen Neubau handeln könnte.

Ganz links im Bild (7) kann man Einrichtungen erkennen, die der Wasserzufuhr der Wasserräder dienten. Mit dem großen Rad wurde wohl die Wasserzufuhr reguliert.

Bei dem Gebäude (5) handelt es sich sehr wahrscheinlich um das Gebäude „Wohnung“ (5) auf obiger Karte, bei dem Gebäude (6) um die Stallung (6).

Der scheunenartige Bau (4) entspricht wohl der Kohlenscheuer (4c), die auf der nachfolgenden Karte von 1804 zusätzlich zu den bereits vorhandenen Kohlenscheuern (4a) und (4b) errichtet worden war

Detail einer Karte von 1804
Position der Möllerhalle im Plan von 1906

Einzeldarstellung der Grundfläche des Hochofengebäudes (3) in einem Plan von 1906. Die 1913 errichtete „Mechanische Werkstatt“ ist schon eingezeichnet und ersetzte die damals noch vorhandenen Gebäude (9).
Die heute noch erhaltene Möllerhalle (M) entstand um 1810 durch Umbau des nördlichen (oberen) Teils, der Hochofen befand sich vermutlich in der heute offenen Ruine hinter der Möllerhalle.


Durch Ausgrabungen in den Jahren 2004 und 2008 konnte die Lage der 1791 vorhandenen Gebäude nachgewiesen werden.

Die Entwicklung des Eisenwerkes

Es ist erstaunlich, dass das Eisenwerk laut Überlieferung nach nur einem Jahr Bauzeit die Produktion aufnehmen konnte, damals noch ohne Baumaschinen wie Bagger, Kran, etc. und als Baumaterial nur Sand- und Ziegelsteine.

Man kann davon ausgehen, dass der bauliche Bestand im Jahr 1791 deutlich größer war als zum Zeitpunkt am Beginn 1733.
Das westlich liegende Teil könnte vielleicht erst Jahre später errichtet worden sein, als sich herausstellte, dass im östlichen Hauptteil nicht alles Eisen weiter verarbeitet werden konnte, das im Hochofen erzeugt wurde.

1804


Von 1795 bis 1815 gehörte die Saargegend zu Frankreich, daher ist die Beschriftung dieser Karte von 1804 französisch.

Das Eisenwerk wurde als Forge bezeichnet, was eigentlich Schmiede bedeutet.
Die westlich gelegene Frischhütte mit Hammerwerk wurde mit Scierie = Sägewerk bezeichnet.

Es ist noch zu klären, ob diese Annahme irrtümlich ist, oder ob zuvor hier tatsächlich ein Sägewerk stand.

1837

Das Gebäude links im Bild zeigt die bis dato die älteste bildliche Darstellung der etwa 300 Meter weiter westlich vom Hauptwerk gelegenen Frischhütte mit Hammerwerk in östlicher Ansicht, also von Richtung St. Ingbert aus gesehen.
Es gehört zu den ersten Gebäuden des St. Ingberter Eisenwerks, die 1733 errichtet wurden. Es ist also etwa so alt wie die Möllerhalle, die Ähnlichkeit des Baustils ist unverkennbar. Man sieht dem Gebäude an, dass es schon mehr als 100 Jahre alt ist.

Dagegen sehen die Gebäude rechts im Bild sehr neu aus, sie wurden erst kurz zuvor (um 1833) errichtet. In diesen befinden sich die erste Dampfmaschine auf dem Werk, einer sogenannten Balanciermaschine, und zwei Walzenstraßen, die von dieser angetrieben wurden, sowie die erste Puddelanlage auf dem Werk.

Alte Frischhütte ca. 1906

Die alte Frischhütte von Westen (Rentrisch) aus gesehen. Die Ähnlichkeit mit der Möllerhalle tritt hier noch deutlicher hervor, insbesondere die Ecklisenen. Bemerkenswert sind auch die vielen fließend ineinander übergehenden Anbauten.
Das Bild zeigt das Gebäude nicht lange vor seinem Abriss ca. 1910.

Stand das Gebäude bei seiner Errichtung 1733 lange Zeit völlig allein, war es mittlerweile ringsum von anderen Gebäuden umgeben.
Bis 1913 fand eine große Umgestaltung des unteren Werkes statt, der die alte Frischhütte zum Opfer fiel. Etwas weiter östlich wurde danach das heute noch vorhandene Umformer- Gebäude errichtet.

1842 (zum Vergrößern anklicken)
ca. 1845 unteres Werk West
ca. 1845 unteres Werk Ost
unteres Werk ca. 1846
unteres Werk 1869
1870 (zum Vergrößern klicken)
1887
1903 oberes Werk
1905 (zum Vergrößern klicken)
Postkarte ca. 1905 mit Seilbahn
Detail Karte 1905
1905
1906 (zum Vergrößern klicken)
1906 (zum Vergrößern klicken)
1909 unteres Werk Mitte
1909 unteres Werk Ost
Postkarte 1910
Möllerhalle mit Nebengebäude 1912
Halle mit Kupolofen 1912

Der Höhepunkt des Werkes 1913

Detail Karte 1913
1913 (zum Vergrößern klicken)
Werksanlagen erbaut vor 1907:
(3) Konverteranlage, erbaut 1894
(4) Gießhalle, 1894
(5) Dolomitanlage, 1894
(6) Schlackenmühle, 1894?
(7) Gebläsemaschinen, 1894
(8) Materialprüfungs-maschinen, >1887
(9) Chemisches Laboratorium, >1887
(19a) Adjustage, 1894
(23) 300er Trio-Feineisenwalzwerk
(24) 300er Doppekduo-Feineisenwalzwerk
(25) 420er Trio-Feineisenwalzwerk
(28) Drahtwalzwerk, 1886/1909-10
(29) Puddelwerk
(32) Gießerei, 1897
(48a) Wasserstation
(50b) Elektrische Reservezentrale
(52) Walzendreherei
(55) Schmiede
(56) Modelltischlerei, Zimmerwerkstätte und Sattlerei
(66) Rückkühlanlagen
Werksanlagen erbaut 1907 bis 1913:
(1) Roheisen-, Koks- und Klaklager mit Seilbahn, 1909
(2) Kupolofenanlage, 1909
(7b) Gebläsemaschinen, hydr. Pumpen
(10) Ausgleichgruben-anlage, 1909
(11) Blockwalzwerk, 1909
(12) Blockscheren mit Rolfgängen, 1909
(13) Antriebsmaschine, 820er Walzenstraße
(14) 820er Walzenstraße, 1909
(15) Warmsägen, 1909
(16) Warmlager, 1909
(17) Schwellen-kappmaschine, 1909
(18) Stapelplatz für ungerichtetes Material, 1909
(19b) Adustage, 1909
(20) Abnahme- und Versandlager für Schienen, Schwellen und Träger
(21) Mitteleisenwalz-werk
(22) Universalwalz-werk
(26) 260er Trio-Bandeisenwalzwerk
(27) Stabeisenmagazin und -verladung
(30) Achsenhammer-werk, 1910
(31) Achsen-bearbeitungs-werkstätte, 1910
(33) Modelllager
(34) Walzdrahtlager
(35) Beizerei
(36) Vitriolfabrik, 1912
Werksanlagen erbaut 1907 bis 1913:
(37) Glüherei
(38) Grobzüge, 1912
(39) Mittelzüge, 1912
(40) Feinzüge, 1912
(41) Wäsche
(42) Stangenzug, 1912
(43) Verzinkereien, 1911-12
(44) Stacheldrahtfabrik, 1912
(45) Lackiererei
(46) Generatoranlage
(47) Verlademagazin
(48b) Wasserturm
(49) Dampfkesselanlage
(50a) Elektrische Zentrale
(50c) Umformerstation
(51) Reparatur-werkstätte (MW), 1907
(53) Elektrische Werkstätte
(54) Eisenbahn-werkstätte
(57) Elektrische Schiebebühnen und Spillanlage
(58) Lokomotiv-schuppen
(59) Badeanstalt
(60) Verwaltungs-gebäude
(61) Betriebs- und Versandbüros des unteren Werkes
(62) Betriebsbüro des oberen Werkes
(63) Portier I und Speisehalle für oberes Werk
(64) Portier II
(65) Portier III und Speisehalle für unteres Werk
(66) Rückkühlanlagen OW
(67) Materialien-magazin
1913 (zum Vergrößern klicken)

Die Entwicklung des Werkes nach dem Ersten Weltkrieg

1924 (zum Vergrößern klicken)
Karte 1929
Betriebsgemeinschaft Eisenwerk 1938
Herrenhaus 1940
Unteres Werk 1940 – 1950
Baracken 1950

Die Entwicklung des Werkes nach dem Zweiten Weltkrieg

Möllerhalle 1950

So sah die Möllerhalle vor Jahrzehnten aus. Schon damals hatte ihr der Zahn der Zeit deutlich zugesetzt.

Auffällig sind die Schäden in der Frontseite, die aussehen, als wären sie durch Beschuss oder von Granatsplittern entstanden. Allerdings ist über Kriegshandlungen im Bereich des Eisenwerks St. Ingbert z.Zt. noch nichts bekannt.

Nun erkennt man auch, wozu die Tür in Höhe der Dachrinne diente, die heute ins Nichts führt: über die zugehörige Treppe gelangte man hier in das Obergeschoss. Diese Treppe existiert schon lange nicht mehr und seitdem ist das Obergeschoss nicht mehr erreichbar.

Im Hintergrund kann man das Gebälk sehen, das zur alten Walzendreherei gehörte, die wohl hier gerade abgerissen wird. Auch sieht man das Gebäude, das zwischen Möllerhalle und Walzendreherei lag, dessen Keller- bzw. Erdgeschoss heute als offene Ruine hinter der Möllerhalle übrig geblieben ist. Allerdings ragte dieses Gebäude in westlicher Richtung noch über die Möllerhalle hinaus. Es handelte sich wohl um einen Nebenraum der Walzendreherei.

Unteres Werk 1950
Möllerhalle mit Stallung (L) und ehem. Wohngebäude (R) 1960
Alleestraße mit elektrischer Zentrale 1960
ehem. Wohngebäude neben der Möllerhalle von hinten 1965
Oberes Werk Walzstraße 1965
10 Years Challenge 2019
3D-Computer-Modellierung des MINT-Campus Alte Schmelz als Zukunftsmodell